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NOMINIERTEN STATEMENTS

Wie kamen Sie auf die Idee zu Ihrem Beitrag? Was war die größte Herausforderung? Was wünschen Sie sich für die Zukunft? 

Diese Fragen hat die CIVIS Medienstiftung den Nominierten gestellt.

Ihre Antworten bieten spannende Einblicke in die Arbeit der Autor:innen und Regisseur:innen.

Die Idee zu diesem Film hatte ich ausgerechnet in Deutschland. Die größte Herausforderung war es, einen jüdischen Hauptdarsteller zu finden, der den Deutschen ins Gesicht tritt, ohne sie zu sehr zu verletzen. Für die Zukunft wünsche ich mir weniger Klezmer, mehr Hip Hop und einen Masel Tov Cocktail zum Anstoßen.
Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich im Winter, als ich bei Minusgraden die immer gleiche Bettlerin an der Straßenecke sitzen sah. Die größte Herausforderung war die Bettlerin Narcisa in Rumänien wiederzutreffen. Für die Zukunft wünsche ich mir eine gerechtere Politik in der EU, die verhindert, dass Bürger eines Landes zu Bettlern werden.

Die Idee zu diesem Beitrag hatten ich und Nikolaus Steiner, da wir uns seit Jahren intensiv mit der EU-Politik und der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer auseinandersetzen und die Angriffe auf Seenotretter durch Europas Partner sowie der Push-Back koordiniert durch maltesische Behörden auf dramatische Weise gezeigt haben, wie europäische Behörden auf dem Mittelmeer Menschenrechte verletzen und auf welch fragwürdige Partner Europa setzt, um zu verhindern, dass Flüchtlinge das europäische Festland erreichen.

Die größte Herausforderung war es für Nikolaus Steiner und mich, das menschenrechtswidrige Vorgehen europäischer Behörden auf dem Mittelmeer, in diesem Fall anhand zahlreicher Dokumente, detailliert belegen zu können und auch die europäischen Verbindungen zu genau dieser gewalttätigen libyschen Milizen aufzuzeigen, um dem Zuschauer deutlich zu machen, dass Europas Partner auch vor einem Angriff auf deutsche Seenotretter nicht zurückschrecken.

Für die Zukunft wünschen wir uns, dass mehr JournalistInnen sich intensiver und kritischer mit der Finanzierung und Ausbildung der libyschen Küstenwache durch die EU beschäftigen und statt über den wissenschaftlich widerlegten Pull-Effekt durch Seenotretter, darüber berichten, dass Europa in Kauf nimmt, dass Männer, Frauen und Kinder nach der Rückführung in Internierungslager gesperrt werden und sie damit einer menschenrechtswidrigen Behandlung, möglicher Folter oder Vergewaltigung ausgesetzt werden.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich, als ich den Winter in Sarajevo verbrachte und fast täglich Migranten begegnete, denen frisch ein Zahn fehlte, die eine klaffende Wunde am Kopf zeigten, gebrochene Arme. Es schien, als ob diese Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien – unsere EU-Außengrenze – ein menschenzertrampelndes Wesen ist, dass ich mir genauer anschauen muss.

Die größte Herausforderung war, die kroatische Polizei zu überlisten. Fast drei Wochen fühlte es sich an wie Katz und Maus im grünen Hinterland. Da wo wir warteten, passierte kein Push-Back und umgekehrt. Doch wir lernten schnell…

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir als EU, wir, die Schengen-Staaten (ich erwähne das bewusst, da die Schweiz immer wieder daran erinnert werden muss, dass es auch ihre Außengrenze ist) unsere Grenzen ins Innere unserer Gesellschaft integrieren. Man stelle sich vor, dieses menschenverachtende Verhalten würde in der Innenstadt von Münster, Basel oder Innsbruck geschehen. Dafür wäre keine Akzeptanz vorhanden. Aber weil es im bosnischen Wald stattfindet, kann man so tun, als wäre es ein unangenehmer Zufall. Es ist kein Zufall, es hat System.

Die Idee zu diesem Beitrag hatten wir, weil wir mehr miteinander und nicht übereinander diskutieren sollen.

Die größte Herausforderung war die unterschiedlichsten Meinungen auf einen Tisch zu bringen.

Für die Zukunft wünsche ich mir mehr Diversität in den Talkshows!

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich, weil ich zeigen wollte, dass Unterschiede bereichernd sind, das Prinzip der Gastfreundschaft eine Pflicht.

Die größte Herausforderung war, nicht in eine Karikatur abzurutschen, die Komplexität des Themas zu zeigen.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Europa niemals vergisst, dass „Gastfreundschaft“ ein althergebrachter und universeller Wert ist.

Ich kam auf die Idee zu diesem Film, weil ich überrascht war, dass die ländlichen Gebiete in Frankreich zwar unter Landflucht leiden, es aber ablehnen, viele Migranten aufzunehmen.

Die größte Herausforderung bestand darin, unsere Partner (Produzent, Sender) davon zu überzeugen, dass vor Ort gute Erfahrungen mit der Aufnahme von Immigranten gemacht werden und dass viele Dörfer sie auch brauchen!

Mein Wunsch für die Zukunft: Dörfer, die von Landflucht betroffen sind, sollen die Mittel erhalten, um Migranten aus allen Ländern, die sich in Frankreich niederlassen wollen, aufzunehmen.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich…
Auf einer Reise durch die Ukraine lernte ich eine junge Frau kennen, die ich wenig später in Dortmund wieder traf. Sie hatte alles auf eine Karte gesetzt, ihre Heimat verlassen, arbeitete in Dortmund als Putzkraft, um sich irgendwann ihren Traum von einem eigenen kleinen Nagelstudio erfüllen zu können. Ihre Kompromisslosigkeit und ihr unbedingter Wille ein selbstbestimmtes Leben zu führen haben mich sehr beeindruckt und waren der Auslöser für die Geschichte.

Die größte Herausforderung war…
Ich habe über Monate hinweg in der Dortmunder Nordstadt recherchiert und viele Menschen kennengelernt. Diese Menschen, mit ihren teils schweren Schicksalen zu überzeugen beim Projekt mitzuarbeiten, war nicht einfach, für mich letztlich aber sehr wichtig.

Für die Zukunft wünsche ich mir…
Ich wünsche mir mehr Chancengleichheit. Dass Menschen, egal welcher Herkunft und egal welchen sozialen Verhältnissen sie entspringen, hier Fuß fassen und sich verwirklichen können. Nur dann, glaube ich, fühlen sie sich auch als Teil unserer Gesellschaft und das ist wichtig für ein ausgeglichenes Zusammenleben.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte der Regisseur Michael Koch.

Die größte Herausforderung war den Kern der Geschichte herauszuschälen.

Für die Zukunft wünsche ich mir: Kino! Großes, vielschichtiges und lebendiges Kino, allen Pandemien und Streamingdiensten zum Trotz.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich dank der wundervollen norwegischen Originalserie „SKAM“ von Julie Andem.

Die größte Herausforderung war als nicht-religiöse Person den Grundkonflikt der Protagonistin emotional zu erfassen.

Für die Zukunft wünsche ich mir mehr BIPOC vor und hinter der Kamera.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich, als ich realisierte, dass die offenen Grenzen der EU zwar insbesondere einer Stadt wie Zittau zu Gute kommen, aber paradoxerweise gleichzeitig viele Wählerinnen und Wähler gegen die EU sind.

Die größte Herausforderung war, ein komplexes Thema und eine komplexe Gefühlslage auf eine faire Art in wenige Minuten Sendezeit zu packen.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass der Journalismus und die öffentliche Diskussion weniger aufgeheizt und polemisch, sondern mehr faktenorientiert sind. Oder wie der «Washington Post» Chefredakteur Marty Baron zum Umgang mit Präsident Trump formulierte: «We are not at war, we are at work.»

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich zusammen mit meinem Kollegen Srdjan Govedarica und dem Team des ARD-Studios Wien. In Interviews erzählten Flüchtende immer wieder von toten oder kranken Menschen, die zurückgeblieben waren.

Die größte Herausforderung war die Toten entlang der Balkanroute überhaupt zu finden, denn niemand fühlt sich verlässlich zuständig. Behörden, Polizei oder Staatsanwälte haben spürbar oft keine Lust, sich um die komplizierten Fälle zu kümmern.

Für die Zukunft wünsche ich mir die Liste mit den von uns dokumentierten Todesfällen entlang der „Balkanroute“ einer Organisation zu übergeben, die sie weiterführt und die oft namenlosen Verstorbenen recherchiert, sowie deren Angehörige findet.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich, als in Budapest so gar keine Spuren mehr zu finden waren der unzähligen Menschen, die 2015 doch weltweit Schlagzeilen gemacht hatten.

Die größte Herausforderung war, überhaupt jemanden zu finden, der mit Flüchtlingen arbeitet und bereit ist mit den Medien zu sprechen – die Menschen sind eingeschüchtert.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass weder Corona noch populistische Gesetze die Menschen davon abhalten, uns ihre Geschichten zu erzählen.

Die Idee zu der Hörspielserie hatte ich, als ich zufällig Zeuge eines Gesprächs zweier älterer Damen wurde, bei dem sich die eine über die zunehmende „Verbösung“ ihres Mannes beschwerte.

Die größte Herausforderung war, die in der Serie behandelten gesellschaftlichen Fragen, die ja, fast könnte man sagen von nationaler Bedeutung sind, im Genre der Satire und des Volksstücks abzubilden und mit Humor zu behandeln. Ziel dabei ist es natürlich, dass sich die aufs Korn genommenen Menschen und möglicherweise Anhänger der Dresdner Pegida-Bewegung wiederkennen und dennoch der Handlung folgen.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die zunehmende Erstarkung von rechten und demokratiefeindlichen Kräften und Strömungen aufhört und zurückgedrängt wird.

Die Idee zu dieser Sendung hatte ich, als ich in einer italienischen Tageszeitung einen Artikel über den Mord an Soumayla Sacko gelesen habe und ich begann, mich eingehend mit den (in deutschsprachigen Medien wenig thematisierten) Lebens- und Arbeitsbedingungen von Erntehelfern in Italien auseinanderzusetzen. Zur Recherchereise nach Kalabrien brach ich sehr spontan auf, nachdem ich erfahren hatte, dass die Gewerkschaft Unione sindacale di base zum Gedenken an Soumayla Sacko eine große Demonstration in Reggio Calabria plante, die ich nicht verpassen wollte.

Die größte Herausforderung war, mich als alleinreisende Journalistin in Kalabrien zu bewegen, zumal mein Thema – die Ghettoisierung und de facto Versklavung von ausländischen Erntearbeitern – eng mit der kalabrischen Mafia, der N´drangheta, verknüpft ist. Zu Beginn meiner Reise war es für mich schwierig, einzuschätzen, wem ich vertrauen konnte und wie ich die Erntearbeiter, zum Beispiel auf der Straße, ansprechen konnte, ohne sie in Schwierigkeiten zu bringen. Die der N´drangheta angehörenden Caporali, welche die Arbeiter rekrutieren, sehen es nicht gerne, wenn diese mit JournalistInnen sprechen – und die Konsequenzen einer Übertretung der ungeschriebenen, mafiösen Gesetze waren für mich nicht eindeutig absehbar.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Soumayla Sacko und seine Angehörigen Wahrheit und Gerechtigkeit erfahren. Dass Arbeits- und Menschenrechte in der EU ausnahmslos geltend gemacht werden. Dass die Industrienationen als Verursacher des menschengemachten Klimawandels sich ihrer Verantwortung für die Millionen von Klimaflüchtlingen stellen werden, die in den kommenden Jahrzehnten die Überfahrt nach Europa antreten werden, wie Soumayla Sacko es getan hat.

Die Idee zu diesem Beitrag hatte ich zusammen mit meiner Kollegin Andrea Beer und dem Team des ARD-Studios Wien. Wir wollten Öffentlichkeit schaffen für ein Thema, das zu diesem Zeitpunkt niemanden zu interessieren schien.

Die größte Herausforderung war im kleinteiligen Korrespondentenalltag an einer Geschichte dranzubleiben, die „langen Atem“ erfordert.

Für die Zukunft wünsche ich mir nicht mehr über systematische Menschenrechtsverletzungen mitten in Europa zu berichten, weil diese dann hoffentlich nicht mehr stattfinden.

Ich las einen Amnesty-Bericht über das syrische Foltergefängnis Saydnaya – ein schwarzes Loch des Assad-Regimes, dessen Erwähnung syrische FreundInnen erschauern lässt und von dem keine Bilder existieren. Ein langes Radiofeature erschien mir als ideale Form, diesen Nicht-Ort Geräusch für Geräusch erfahrbar zu machen. Die größte Herausforderung war… inhaltlich: einen Nicht-Ort zu rekonstruieren, von dem die überlebenden Häftlinge nur auditive Erinnerungen mitbringen. Die Mittel des langen Radiofeatures haben sich dafür als ideal herausgestellt, ein Stasigefängnis als sinnvoller Aufnahmeort. persönlich: nach der Ausstrahlung der Sendung von der Freundin eines getöteten Häftlings zu erfahren, dass sie sich nun die letzten Wochen ihres Freundes besser vorstellen kann. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Verantwortlichen der Folter in Syrien zur Rechenschaft gezogen werden. Nur dann können die Opfer verzeihen und der Zyklus von Trauma und Gewalt überwunden werden, den das Regime in seiner Strategie des „teile-und-herrsche“ einsetzt.